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Freitag, 13. Januar 2023

Der Werkhof schafft Chancen

Alleinerziehende haben es oft auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer. Der Werkhof eröffnet für sie neue Chancen.

Die Kasse beäugt Natalie K. noch mit kritischen Blicken. „Da traue ich mich noch nicht so richtig ran“, räumt sie ein. „Ich möchte alles richtig machen und an der Kasse bin ich noch unsicher.“ Die 38-Jährige ist neu im Team des Gebrauchtwarenkaufhaues des Werkhofs gGmbH. Mitte September stieß sie im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit dazu und sammelt aktuell erste Erfahrungen im Verkauf. Es ist eine Maßnahme ihres Jobcenters, durch die sie auf dem Weg zurück ins Berufsleben unterstützt werden soll. Bis Juli ist sie nun im Werkhof tätig und kann sich in verschiedenen Bereichen ausprobieren. Vor allem die Kundenberatung macht Natalie Spaß. „Ich freue mich, wenn wir etwas Passendes im Angebot haben und ich helfen kann“, betont sie. „Es ist sehr abwechslungsreich und die Zeit vergeht wie im Fluge.“ Besonders schätzt sie den Austausch mit den Kunden. „Man kommt hier sehr leicht miteinander ins Gespräch.“

Natalie unterstützt die Mitarbeiter im Gebrauchtwarenkaufhaus von Dienstag bis Freitag für ein paar Stunden. Am Mittwoch ist Gruppentag. Dann trifft sie sich mit anderen Maßnahme-Teilnehmern, die in einer ähnlichen Situation sind wie sie. Es ist Zeit zum Austausch, aber es gibt auch Schulungen, die Langzeitarbeitslosen weiterhelfen sollen, zurück ins Berufsleben zu finden. „Bei uns können sich die Teilnehmer ohne Druck ausprobieren“, erklärt die Leiterin der Pädagogischen Dienstleistung des Werkhofs gGmbH Hilde Eisenhut. Man könne sich herantasten und für sich einen Weg finden.

„Ich bin alleinerziehend“, erklärt Natalie ihre Situation. Seit der Geburt ihrer Tochter vor 14 Jahren war sie deshalb vorwiegend zuhause. „Allein war es schwierig, alles zu organisieren“, erklärt sie. Kinder seien oft krank, später benötigen sie Unterstützung bei den Schularbeiten, dann sei der Haushalt zu machen und auch die Einkäufe. Der ganze Tagesablauf lastete stets allein auf ihren Schultern. „Ich hätte es zusätzlich nicht geschafft zu arbeiten“, räumt sie ein. „Ich wollte mich unbedingt gut um meine Tochter kümmern.“ Jetzt ist sie alt genug, so dass Natalie sich auch selbst wieder beruflich orientieren kann.

Beim Team vom Gebrauchtwarenkaufhaus wurde sie trotz ihrer fehlenden Berufserfahrung im Verkauf und der eingeschränkt möglichen Arbeitszeiten mit offenen Armen empfangen. „Alle sind sehr nett, erklären mir alles und haben Verständnis dafür, dass ich noch nicht alles weiß“, sagt sie. „Das ist etwas Besonderes.“ Schon nach der kurzen Zeit habe sie das Gefühl, im Team dazuzugehören. „Das tut sehr gut nach der langen Zeit zuhause.“

Da viele Mitarbeiter in der Einrichtung in ihrer Vergangenheit mit gesundheitlichen oder anderen Problemen zu kämpfen hatten, verstehen viele, wie leicht es passieren kann, dass man beruflich aus der Norm fällt. Vielleicht sind deshalb viele einfühlsamer und können sich gut in die Situation von Menschen versetzen, denen es ähnlich geht.

„Ich kann mich hier ausprobieren und ich möchte jede Chance wahrnehmen“, sagt Natalie. Später als Verkäuferin tätig zu sein, wäre ihr großer Traum. Früher sammelte sie bereits Erfahrungen in einem Hotel, beim Friseur und in einem Imbiss. „Am besten gefällt es mir immer, wenn ich im Kontakt mit anderen Menschen arbeite“, erklärt sie.
Der Artikel ist erschienen in der Januar Ausgabe des Sozialmagazin Donaustrudl.

 

Text und Fotos: Martina Groh-Schad